Knickebein

ein «Leitfaden» der Luftwaffe (Wehrmacht)

Einstieg

Während meiner Recherchen zu Michel Hollard las ich 2009 Reginald Victor Jones’ Buch Most secret war. Dabei stiess ich auf den Begriff «Knickebein», den ich bis dahin nur aus einem Rezeptbuch für Cocktails kannte. Auf der im Buch abgebildeten Karte war zu erkennen, dass eine Anlage dieses Funk-Leitstrahl-Systems der deutschen Luftwaffe nahe der Schweizer Grenze nördlich von Rheinfelden gestanden hatte.

Was also lag näher, als mir mögliche Reste mal vor Ort anzuschauen, obwohl diese Technik nicht unbedingt in meinem Fokus war und ich fast nichts darüber wusste.

Aber … wo lag diese Anlage und was blieb von ihr übrig? 2009 fand ich sie zwar in Literatur und vielen Online-Artikeln mit dem Ortsnamen Maulburg erwähnt aber nirgends einen genauen Standort. Wie sucht man, wenn man nicht weiss wonach man zu suchen hat? Da half mir auch Google Earth zuerst nicht wirklich weiter, aber meine Neugier war geweckt!

Dieser Artikel ist keine umfassende Beschreibung der Technik und Funktionsweise des Systems, sondern zeigt primär, was heute noch an den Anlagestandorten zu finden ist.

Die technische Bezeichnung lautet FuSAn 721, Hersteller war Telefunken.

Inhaltsverzeichnis

1. Übersicht
2. Deutschland
3. Norwegen
4. Niederlande
5. Frankreich
6. Italien
7. Dank, Literatur und Nutzungsbedingungen


Übersicht

Aus dem schon vor dem Krieg bekannten zivilen Funknavigations- und Landeanflugsystem «Lorenzbake» entwickelte ab 1934 die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt das X-Verfahren für die Luftwaffe. Aus diesem heraus wurde das Knickebein-Verfahren entwickelt, da dieses im Gegensatz zum X-Verfahren kein zusätzliches Gerät im Flugzeug benötigte. Das Knickebein-Verfahren nutzte die in den Flugzeugen schon vorhandenen Empfangsgeräte für den Landeanflug.

Knickebein arbeitete mit 30,0 und 33,3 MHz am oberen Ende des Kurzwellenbereichs und war damit auch über die notwendige grosse Reichweite wirksam – Trenkle schreibt: bis zu 500 km.

Wie verschiedene Belege zeigen, ist dieses Führungsverfahren jedoch schon früh von den Allierten aufgeklärt worden und konnte gestört werden. Das gleiche gilt für die Sendeanlagen die zum Teil auch erfolgreich von alliierten Flugzeugen angegriffen wurden (zum Beispiel K 07 und K 09).

Zunächst wurden die drei Sendeanlagen auf deutschem Gebiet (Stollberg, Kleve und Maulburg) gebaut. Diese drei Anlagen der ersten Generation hatten einen äusseren Schienenkreis mit Ø 95 m. Die später für die nächtlichen Angriffe im Rahmen der Luftschlacht um England gebauten kleineren Anlagen der zweiten Generation hatten nur noch einen Schienenkreis mit Ø 30 m und der Antennenträger war leicht geknickt, was diesen Leitstrahlanlagen möglicherweise ihren Namen gab. Belastbare Belege dazu gibt es allerdings nicht.

Auf dieser kreisrunden Schiene konten die riesigen Antennen ausgerichtet werden. Nun wusste ich auch, wonach ich zu suchen hatte, denn dieser fast hundert Meter messende Schienenkreis müsste doch auch auf Satellitenaufnahmen ein markantes Merkmal in der Landschaft sein.

Nachstehend eine Tabelle mit allen 13 Sendeanlagen. Die auf ganze Sekunden gerundeten Werte der Koordinaten beziehen sich auf den zentralen Sockel der drehbaren Antenne. Die Daten sind eigenhändig erhoben – im Gegensatz zu etlichen im Netz hin und her kopierten ungenauen Angaben. Allerdings bin ich mir bewusst, dass noch vor wenigen Jahren die Erhebung dieser Informationen nicht so leicht war.
Die grob von NO nach SW folgende Nummerierung entspricht derjenigen der Karte in Jones’ Most secret war. Trenkle greift sie in seiner Übersicht der wichtigsten deutschen Navigations- und Führungsanlagen an Kanal und Nordsee auf.

Nr Ø [m] Standort Land Koordinaten

Höhe [m ü. M.]

K 01 30 Klepp Norwegen 58°46'13", 5°37'12" 74
K 02 95 Stollberg Deutschland 54°38'37", 8°56'41" 44
K 03 30 Julianadorp Niederlande 52°54'48", 4°43'1" 18
K 04 95 Kleve-Materborn Deutschland 51°47'19", 6°6'11" 83
K 05 30 Bergen op Zoom Niederlande 51°27'3", 4°18'0" 14
K 06 30 Mont Violette Frankreich 50°37'2", 1°40'57" 178
K 07 30 Greny Frankreich  49°56'48", 1°17'24" 147
K 08 30 Mont Pinçon Frankreich 48°58'20", -0°37'11" 360
K 09 30 Beaumont-Hague Frankreich 49°40'24", -1°51'9" 182
K 10 30 Sortosville-en-Beaumont Frankreich 49°25'2", -1°42'34" 144
K 11 30 Saint-Fiacre
Plestin-les-Grèves
Frankreich 48°39'58", -3°43'49" 120
K 12 95 Maulburg Deutschland 47°38'2", 7°45'48" 463
K 13 30 Noto Italien 36°55'52", 14°58'48" 544


Zuerst besuchte ich also 2010 die mir am nächsten liegende Anlage bei Maulburg. Weitere Erkundungen erfolgten und erfolgen sukzessive im Rahmen meiner Foto-Touren zu Brücken oder V-Waffen-Stellungen – die Sendeanlagen liegen ja ziemlich weit verstreut.

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Deutschland

K 02, Stollberg

K 02 liegt 19 km nordnordwestlich von Husum.

Die Anlage auf dem Stollberg befand sich westlich nahe der B 5 am höchsten Punkt der Gegend, wo auch der heutige Sendeturm steht. Die von Bredstedt her kommende gerade Strasse beschreibt hier eine weite Rechtskurve. Auch wenn die Bezeichnung Berg eher zum Schmunzeln bewegt, so sind doch die 44 m die höchste Erhebung in der weiteren Umgebung.

Von der Anlage ist nichts mehr vorhanden, das Fundament des Schienenkreises komplett überwachsen. Man erkennt aber die leichte Aufschüttung von etwa 50 cm Höhe im südlichen Bereich der Kreisfläche und kann je nach Vegetationsstand von der öffentlich zugänglichen Aussichtsplattform des Sendeturms noch den Verlauf des Schienenkreises erahnen. 2014 lagen im südwestlichen Abschnitt einzelne Betonflecke frei.

Von der Antenne existiert eine historische Fotografie (Trenkle S. 67), aus der sich die Abmessungen des riesigen Rahmens gut ableiten lassen. Trenkle war da meines Erachtens etwas ungenau, siehe meine Datenerhebung bei K 12. Auf dem inneren Schienenkreis wurde der zentrale vertikale Rahmenträger rechtwinklig zur Rahmenrichtung im unteren Viertel des Fachwerks abgestützt.
Der innere Schienenkreis misst 18 m und war scheinbar nicht auf einem betonierten Ringfundament aufgelegt. Jedenfalls fehlt bei allen drei Anlagen ein Hinweis auf ein solches. Die Höhe des Rahmens beträgt rund 28 m. Als Grössenvergleich dient auch die links des zentralen Rahmenträgers im oberen Querträger sichtbare Person.

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K 04, Kleve-Materborn

K 04 liegt 58 km nordwestlich von Duisburg.

Die 95 m-Anlage stand in einem Gelände südlich der Nimweger-Strasse westlich der Stadt. Der ehemalige Truppenübungsplatz Materborn der Bundeswehr ist heute frei zugängliches Naturerbe.

Vom Beton-Ringfundament blieben noch marginale Reste, der Ring ist mehrfach aufgebrochen und stark verbuscht und bewaldet. Ebenfalls der zentrale Sockel ist schwer zu entdecken, aber noch vorhanden. Es standen hier wohl keine massiven Bauten, allfällige leichte Gebäude sind längst verschwunden.

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K 12, Maulburg

K 12 liegt 15 km ostnordöstlich von Basel.

Mein erster Knickebein-Besuch galt dieser 95 m-Anlage auf dem Enzelbuck am Dinkelberg. Unschwer zu erkennen dass ich richtig lag, führt doch ab der L 139 auf der Anhöhe bei den Aussiedlerhöfen ein betonierter Weg rechts auf die 460 m hoch gelegene Ebene. Dieser betonierte Weg überwindet über 940 m eine Höhendifferenz von 44 m und endet an einer Weggabelung 220 m vor der Anlage. Der Rest des Wegs ist unbefestigt, verläuft aber eben.

Wie bei solchen Relikten üblich, ist die Sommersaison wegen der starken Vegetation für einen Besuch nicht ideal. Trotzdem war ich Mitte August 2010 auf der Anhöhe südlich von Maulburg.
Der Baumbestand des Schienenkreises ist schon von weitem gut erkennbar und liegt 90 m westlich des Wegs. Am Weg findet man noch einige schlanke Grundmauern, wahrscheinlich von darauf stehenden Holzbaracken. Betonierte Bauten sind keine vorhanden. Von der Ostseite her kann man durch eine etwa 5 m breite Öffnung ins Innere des Kreises gelangen, ansonsten ist der Kreis geschlossen.

Vom zentralen Sockel mit Lager und dem inneren Schienenkreis ist nichts mehr vorhanden. Jedoch ist der betonierte Sockel der die äussere Schiene trug noch mehr oder weniger komplett, oft jedoch von Bäumen und Gebüsch stark überwuchert. Auf dem Beton-Ringfundament kann man stellenweise Betonauflagen sehen, in deren Mitte eine 20 bis 30 cm breite Rinne verläuft. Dies lässt die Vermutung zu, dass da schwellenartige Holzelemente eingelegt waren, auf denen die Schiene befestigt wurde.
Direkt einbetonierte Ankerelemente für die Schiene wie man sie bei den kleinen Anlagen sieht, gibt es hier nicht.

In der zweiten Märzhälfte 2014 und Ende Januar 2018 besuchte ich die Stellung nochmals und habe dabei auch den Schienenkreis vermessen. Der Durchmesser der (zwangsläufig angenommenen) Spurweite – mit einem 100 m Rollmassband gemessen – beträgt 94,1 m. Das Massband musste dabei über die zentrale Erhebung gelegt werden, damit dürfte die Nenn-Spurweite 94 m betragen haben und die bei R. V. Jones erwähnten 95 m sich auf den Aussendurchmesser des Betonfundaments beziehen. Die Sockelbreite variiert leicht, beträgt aber im Schnitt 1,10 m.

Bei keiner der drei 95 m-Anlagen fanden sich noch Schienenreste. Somit lässt sich alleine anhand der historischen Aufnahme von K 02 erkennen/erahnen, dass die grossen Antennen auf spurführenden Schienen drehten.

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Norwegen

K 01, Klepp

K 01 liegt 22 km südsüdwestlich von Stavanger.

Der 30 m Schienenkreis ist in Google Earth auch schon in älteren Aufnahmen sehr gut zu erkennen und liegt am Westrand eines Siedlungsgebiets. Er scheint als historischer Zeitzeuge erhalten zu werden.
Im Gegensatz zu den 95 m-Anlagen liess sich die Spurweite der kleinen Anlagen anhand der noch intakten Schienenkreise von K 01, K 06 und K 09 schon in GE gut überprüfen.

Bis jetzt noch nicht besucht. Ob es also vor Ort noch weitere Reste oder Informationsträger gibt ist mir nicht bekannt.
Ein alliiertes Dokument erwähnt östlich der Antenne vier Gebäude (für Stromaggregat, Sendestation, Mannschaftsunterkunft und Garage).

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Niederlande

K 03, Julianadorp

K 03 liegt 5 km südsüdwestlich von Den Helder.

Der 30 m-Schienenkreis liegt auf der Düne, etwa 240 m von der Küste entfernt. Bis 2006 war zwischen der Zanddijk Strasse und der Antenne noch eine betonierte Fläche mit massivem Gebäude für die Einrichtungen vorhanden – zugänglich über eine Stichstrasse und einen Dünendurchbruch.

Diese Massivbauten wurden im Rahmen einer Renaturierung des Geländes zurückgebaut, auch der Weg ist nicht mehr vorhanden. Das Dünengebiet westlich der Nordzee Route – einem Rad- und Wanderweg – ist jetzt Schutzgebiet und mit einem Stacheldrahtzaun abgesperrt. Das Schutzgebiet sollte/darf nicht mehr begangen werden.

Der Schienenkreis ist noch vorhanden, jedoch fast komplett von der fragilen Dünenvegetation überwachsen und kaum mehr zu erkennen. Der zentrale Sockel existiert nicht mehr.

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K 05, Bergen op Zoom

K 05 liegt 50 km südsüdwestlich von Rotterdam.

Von der Antennenanlage ist nichts mehr vorhanden. In der GE-Aufnahme von Ende 2005 ist im Ackerland noch vage ein «Fussabdruck» des 30 m-Schienenkreises erkennbar.

90m östlich davon steht noch ein zur Anlage gehörendes Gebäude.

Diese Anlage wurde noch nicht besucht/dokumentiert.

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Frankreich

K 06, Mont Violette

K 06 liegt 13 km südsüdöstlich von Boulogne-sur-Mer.

Der 30 m-Schienenkreis auf dem Mont Violette ist der wohl am besten erhaltene – er ist noch komplett vorhanden. Ebenfalls der zentrale Sockel.
Die hier erhaltene Schiene macht deutlich, dass es sich zumindest bei dieser 30 m-Anlagen lediglich um eine metallene Lauffläche handelte und die Antenne nur durch die zentrale Achse geführt wurde.

Einige Betonbauten sind noch vorhanden, jedoch stark überwuchert. Am besten erhalten ist ein achteckig ummauerter Stand, 680 m nordwestlich der Antenne.
Innerhalb des Schienenkreises steht eine neuzeitliche Antennenanlage.

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K 07, Greny

K 07 liegt 16 km ostnordöstlich von Dieppe.

Der Standort liess sich erst durch die Veröffentlichung der Nachkriegsluftaufnahmen auf Géoportail ermitteln – so meinte ich! Von dieser Anlage blieben keine baulichen Reste erhalten. Da sich der eruierte Punkt mitten in Ackerland befindet und auch keine Reste peripherer Bauwerke vorhanden sind, blieben an dieser Position letzte Zweifel.
Ein Tageseintrag in einem deutschen Raport vom 7. März 1944 besagt, dass die Anlage um 15 Uhr von feindlichen Flugzeugen angegriffen und durch Bombeneinwirkung komplett zerstört wurde, wobei vier Soldaten getötet und mehrere verwundet wurden. Wurde die Anlage bereits da aufgegeben?

Schon in der Nachkriegsluftaufnahme ist in einem Feld nur noch ein vager Kreis erkennbar. Durch den Bau einer nahe vorbeiführenden Bahnlinie nach dem Krieg wurden die Grundstücksgrenzen verlegt und somit die ansonsten recht konstante Feldstruktur stark verändert. In diesem Zusammenhang wurden wohl sämtliche Anlagereste entfernt.

Ein im Netz erwähnter Standort ist ein geodätischer Vermessungspunkt. Nach der Auswertung einer Luftaufnahme von Anfang 1943 war aber klar, dass dieser Punkt näher am Standort der Antenne liegt als der Fussabdruck in dem ich die Lage der Antenne zu erkennen glaubte. An dieser Stelle lag ein rund angelegter Bunker, welcher die Maschinenanlagen enthielt.
Aber schon hatte sich diese Position im Netz verbreitet, was wieder einmal bestätigt, wie im Internet Informationen unreflektiert aufgenommen und kopiert werden!

Erst diese Aufklärungsfotos der Alliierten von 1943 und 1944 schafften somit Klarheit über das Objekt, von dem ich mich hatte in die Irre führen lassen.

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K 08, Mont Pinçon

K 08 liegt 30 km südwestlich von Caen.

Von dieser Anlage fehlte ebenfalls ein genauer Standort. Zwar war die zugehörige Bunkeranlage leicht zu identifizieren, ist sie doch auf den IGN-Karten eingezeichnet. Wo aber stand die Antennenanlage? Das Gelände auf dem Mont Pinçon ist heute komplett bewaldet und mit undurchdringlichem Dornengebüsch verwachsen. Eine Suche auf gut Glück wäre so äusserst mühsam wenn nicht unmöglich.

Wie bei K 07 brachte erst die Veröffentlichung der Nachkriegsluftaufnahmen auf Géoportail Klärung. Mit den so gewonnen Koordinaten und dem GPS wagte ich mich im September 2017 in diesen «Urwald» und wurde fündig. Allerdings dauerte es eineinhalb Stunden um den Sockel von den Brombeerranken zu befreien. Eventuell wäre auch noch der Schienenkreis vorhanden – Aufgabe für einen weiteren Besuch.

Die Bunkeranlage für Maschinen, Geräte und Bedienungsmannschaft scheint für diese wie für die Anlagen K 09, K 10 und K 11 ähnlich gebaut worden zu sein. Jedenfalls sind die unterirdischen Bunker von K 08 und K 10 mit zwei Eingängen, der Raumaufteilung und den Lüftungsschächten fast identisch.
Der linke Bunkereingang ist zugänglich, der rechte komplett überwachsen. Die Innenräume sind noch weitgehend intakt und werden scheinbar von der Jugend «genutzt». Ihre Funktion lässt sich erahnen, allerdings habe ich keine genaue Kenntnis darüber. Neben den Lüftungsschächten sind auch noch Notausstiege vorhanden.

Die sieben aktuell auf dem Mont Pinçon stehenden Antennen haben nichts mit dem Standort der Knickebein-Antenne zu tun; sie verwirrten eher als dass sie bei der Suche halfen.
Knapp 500 m nordwestlich der Antenne wurde nach dem Krieg ein Gehöft gebaut, wo in jüngerer Zeit südlich des Wohntrakts eine ringförmige Hecke als Abgrenzung zum Weideland wächst. Auch diese Hecke hat wohl etliche bei der Suche nach K 08 verwirrt!

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K 09, Beaumont-Hague

K 09 liegt 16 km westnordwestlich von Cherbourg.

Das betonierte Ringfundament ist noch komplett, jedoch liegt die Schiene nicht mehr auf. Der Lagersockel ist noch vorhanden.

Die Bunkeranlage liegt in einem privaten Gewerbe- und Industriegebiet. Dieses ist nicht frei zugänglich und mit einem Fotografierverbot belegt. Von der Strasse und dem Zugang zur Antenne über Weideland her kann man jedoch einige oberirdische Bauten erkennen, die an die Anlagen von K 08 und K 10 erinnern.

Gemäss einer Skizze von Reginald Victor Jones vom 18. September 1940 war die Anlage zu diesem Zeitpunkt den Alliierten schon bekannt. Einzig die Form der kleinen Antenne scheint auf dieser Skizze stark der grossen Antenne nachempfunden, die geknickte Form eventuell noch nicht bekannt?

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K 10, Sortosville-en-Beaumont

K10 liegt 25 km südsüdwestlich von Cherbourg.

Vom 30 m-Schienenkreis ist das Beton-Ringfundament wahrscheinlich noch vorhanden, aber komplett überwachsen. Je nach Vegetationsstand ist er aber noch gut erkennbar, so etwa in der GE-Aufnahme vom Juli 2014. Der Sockel ist vorhanden, aus dem zentralen Rohr ragen noch Reste der ummantelten Elektrokabel

Der Maschinen-, Geräte- und Bedienungs-Bunker ist weitgehend intakt, ähnlich demjenigen von K 08. Die linke Eingangstür ist zugänglich, die rechte verschlossen. Über dieser sind noch Reste eines Reichsadlers in Beton vorhanden, darunter der Schriftzug: ERBAUT UNTER ....F .ITLE. IM KAMPF GEGEN ENGL... .
Vorname, Nachname, England und Swastika in den Fängen des Adlers sind teilweise zerstört.

Die Aufbauten der Lüftungsschächte und Notausstiege stehen noch.

Östlich des Bunkers stehen noch kreuzförmig angelegt die Betonanker einer ehemaligen Funkantenne und deren Abspannung.
Nordöstlich im Buschwerk die Mauer eines Wasserbeckens.

120 m nordnordöstlich der Knickebein-Antenne ist am Boden ein 118 m messender Kreis sichtbar, den ich nicht einordnen konnte. Nach Konsultation der Nachkriegsluftaufnahmen war zumindest klar, dass es sich um eine Anlage jüngeren Datums gehandelt haben muss, da auf dem Foto nicht vorhanden. Da ist heute auch nur noch Weideland.

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K 11, Saint-Fiacre/Plestin-les-Grèves

K 11 liegt 17 km ostnordöstlich von Morlaix.

Die westlichste Knickebein-Anlage liess sich erst anhand der vertikalen Nachkriegsluftaufnahme genau lokalisieren. Zwar war die Position der Bunkeranlage schon länger bekannt und es existiert eine Luftaufnahme mit flachem Blickwinkel von Lécuillier Guillaume (Ref. Nr. IVR53_20022901504NUCA, ADAGP, ca. 1947). Aber darauf ist der Schienenkreis der Antennenanlage nur mit Kenntnis der Anlagesituation zu erkennen.

Noch nicht besucht und dokumentiert.

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Italien

K 13, Noto

K 13 liegt 31 km westsüdwestlich von Syrakus.

Die Anlage auf Sizilien war die «unnahbarste», wahrscheinlich weil sie so weit entfernt der übrigen Anlagen liegt und wohl auch weil sie nicht fertiggestellt wurde – also auch nicht zum Einsatz kam. Es ist auch unklar, mit welcher Anlage zusammen sie hätte wirken und welcher Bereich hätte bedient werden sollen.

Lange Zeit suchte ich vergeblich und auch in falschen Bereichen. Erst die Idee, in Google Earth die Höhenverstärkung aufs Maximum zu setzen, brachte mich in die richtigen Bereiche.
Anfangs 2014 stiess ich so auf die unscheinbare Andeutung eines Kreises in steinigem Gelände. Der Durchmesser von 30 Metern war stimmig, konkretere Angaben fehlten weiterhin.

Im Februar 2018 suchte ich diese Örtlichkeit auf. Sie liegt gut 200 m südlich der Villa Oliva. Aber was hat es mit diesem markanten Bau auf sich? Gespräche mit Einheimischen brachten Klarheit: die Villa Oliva war eine Residenz des Duce!
Dies gibt auch den an der Strasse liegenden Gebäuden einen Sinn: sie hatten ursprünglich keinen direkten Zusammenhang mit der Knickebein-Anlage, sondern waren geschützte Positionen für die Wachmannschaft der Villa. Von diesen mit Schiessscharten versehenen Bauten gibt es insgesamt deren fünf, um die Villa verteilt. Zwei davon liegen direkt an der SP 24 und deckten die Zufahrt zur Villa nach Süden und Norden. Sie haben im Mittelbereich zum Teil bank- und säulenartige gemauerte Fundamente, die aber komplett überwachsen sind.
Möglicherweise wurde im südlich der Strasse liegenden Gebäude die Knickebein-Infrastruktur installiert. Ob diese Bauwerke gedeckt waren – und wenn ja, wie – ist nicht mehr ersichtlich.

Ebenfalls gemäss Einheimischen legten die Deutschen auf der 700 m südlich der Villa liegenden Ebene ein Flugfeld an. Dies erklärt wohl die dort liegenden Bauten. Hatte also K 13 gar in Zusammenhang mit diesem Start- und Landeplatz eine Bedeutung? Den befragten Einheimischen sagte die Knickebein-Anlage nichts, wohl weil sie naturgemäss stark abgeschirmt war.
Die Lage des möglichen Flugfelds ist unklar, das Gelände ist recht wellig. Vielleicht handelt es sich bei dieser Anlage aber auch um eine stark ausgebaute italienische Flugabwehr-Stellung für die Residenz des Duce. Die sorgfältige Bauweise in Mauerwerk all dieser Bauwerke deutet darauf hin.

Wie weit die Antennenanlage umgesetzt war ist schwer zu sagen. Der «Steinkreis» jedenfalls ist kein zertrümmertes Fundament, sondern besteht nur aus aufgeschütteten Steinen. Vorbereitungen für das Fundament des Schienenkreises? Sollte das ein «Schienenkreis light» werden? Die Schiene nur auf aufgeschütteten Steinen aufgelegt – Trockenmauer-Prinzip oder Schotterbett?
Hingegen sind im Zentrum eindeutig Reste des Sockels vorhanden. Im Gegensatz zu den übrigen kleinen Anlagen war dieser Sockel nicht betoniert, sondern auf vier im Fels verankerten I-Trägern aufgesetzt. Die 160er HEA-Profile wurden ebenerdig mit einem Schweissbrenner abgetrennt.

Östlich gleich neben dem vorbereiteten 30 m-Kreis liegt ein etwa 10 m messendes Gebilde (Dreschplatz?) auf dem blanken Fels, mit Natursteinen eingefasst. Dieses flache «Becken» dürfte aber zu dem verlassenen Gehöft gehört haben, nicht zur Antennenanlage.

In einem Forum sind historische Fotos zu sehen, die der Einsteller K 13 zuordnet – als Quelle wird der Report eines alliierten Teams nach der Operation Husky genannt. Die Fotos der Antenne zeigen plausibel K 13, was belegen würde, dass die Antenne aufgebaut war. Andererseits werden Trümmer der Einrichtung des Baus südlich der SP 24 als «demolished transmitter-hut» bezeichnet. Wenig aussagekräftig, da man identische Säulen- und Langfundamente in weiteren der fünf Gebäude vorfindet, auch nordwestlich und nordöstlich der Villa Oliva!

Letzte Klarheit schaffte hier ein Foto und eine Luftaufnahme im dritten unter Quellen genannten Buch. Das Foto zeigt die aufgebaute Antennenanlage. Die Schiene ist ein I-Profil das auf Holzschwellen ruht und diese wiederum auf dem vermuteten Schotterbett.
Die Luftaufnahme belegt, dass die Schutzbauten für die Wachmannschaft gedeckt waren und somit auch der Bau in dem wohl die Infrastruktur der Antennenanlage untergebracht war.

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Villa Oliva und übrige Gebäude in der näheren Umgebung

Die Villa Oliva ist eine Residenz in neogotischem Stil, aus Lavasteinen zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut. Man vermutet aufgrund der Fundamente Vorgängerbauten aus dem Mittelalter, die aber noch nicht nachgewiesen sind. Der schlossartige Bau dürfte für den Duce umgebaut, respektive ergänzt worden sein. Die Villa ist heute in Privatbesitz.
Neben den schon erwähnten Schutzbauten steht nördlich der Villa noch ein Wachhäuschen, ebenfalls mit geschütztem Eingang. Von der Zufahrt her führt ein schmaler Tunnel zu der westlich der Villa liegenden Freitreppe. Beide bilden einen aussenliegenden Zugang ins Untergeschoss der Villa.

700 m südsüdwestlich der Villa befindet sich eine kleine parkähnliche Anlage. Ein kleines Haus mit angebauter Pergola und einem Ziehbrunnen. Nördlich davon Gebäuderuinen und ein mit Erdreich überdeckter Schutzbunker mit zwei geschützten Zugängen. Diese sind genauso wie alle Zugänge zur Villa mit massiven Toren/Türen gesichert und verschlossen.

Mehrere Gebäude im Bereich des angeblichen Flugfelds tragen eindeutig die Handschrift der 1940er Jahre. Neben einigen umbauten Arealen mit geschützten Zugängen aber ohne jegliche Innenstruktur fallen andere Gebäude durch spezielle Bauweise auf.
Da ist einerseits das nordöstlichste Gebäude in dessen Innenbereich in Reihe drei quadratische Betonsockel stehen. Zu diesem hin ist vom aktuell durch die Gebäudegruppe führenden Weg her auch noch die Kofferung eines ehemaligen Wegs erkennbar.
Des weiteren gibt es zwei Dreiergruppen von Türmen, auf denen je ein dreieckiger Betonsockel steht. Die südöstlichere Gruppe ist zweistöckig und die Spitzen der Dreiecke sind noch Norden orientiert. Diese Türme sind durch je vier Gewölbebogen im unteren Bereich abgestützt und haben einen angebauten Wohn-, Aufenthalts- oder Lagertrakt. Sie müssen also für schwerere Lasten gebaut worden sein. Die nordwestliche Gruppe ist nur einstöckig und die Spitzen der Dreiecke weisen nach Osten. Diese Türme sind massiv gebaut.

Zur Anlage K 13, der Villa Oliva, deren Umfeld und der Zusammenhänge mit K 13 bleiben Fragen zu klären!

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Dank, Literatur und Nutzungsbedingungen

Dank

  • an Gerd Cremer aus Bad Kreuznach (D), mit dessen Hilfe sich einige Details um K 7 und K 13 klären liessen.
  • an Frank Dörenberg aus Toulouse (F) für Informationen zu Technik und weiteren Details.

Literatur

  • Reginald Victor Jones: Most secret war. Hamish Hamilton Ltd, London 1978, ISBN 0-241-89746-7. (englisch)
  • Fritz Trenkle: Die deutschen Funk-Navigations- und Funk-Führungsverfahren bis 1945. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1979, ISBN 3-87943-615-0.
  • Alain Chazette, Bernard Paich, et al.: Stations radar et radio-navigation sur le Mur de l’Atlantique – Spécial Normandie d’Antifer à Granville. Edition Histoire et fortifications, 2015, ISBN 978-2-915767-25-4. (französisch)
  • Alain Chazette, Bernard Paich, et al.: Stations radar et radio-navigation sur le Mur de l’Atlantique – Spécial Belgique - Nord - Pas-de-Calais - Picardie - Haute-Normandie. Edition Histoire et fortifications, 2016, ISBN 978-2-915767-35-3. (französisch)

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